Traumhaftes Ambiente hat uns wunderbar eingestimmt auf einen
unvergesslichen Abend. Eine wunderschöne Empfangslounge lädt zum
entspannen ein und gibt einem ein sehr beruhigendes Gefühl. Was in
diesem besonderen Restaurant auch sehr wichtig ist, denn was später
meinen Gaumen verführen soll, wird mir nicht verraten.
Ein unglaublich übertrieben netter Kellner, bot uns sofort ein
kleinen Aperitif an. Wir schauten uns ein bisschen um und freuten uns
darauf, was uns jetzt erwartet. Der Kellner setzte sich zu uns und
reichte uns die Speisekarte. Die wohl kleinste Speisekarte, die ich
je gesehen habe, aber dafür hatte sie es in sich. Wir hatten die
Wahl zwischen einem Fleisch-, Fisch-, vegetarisches - und
Überraschungsmenü. Jedes Menü war zwar wunderschön umschrieben,
aber was genau dahinter steckte, konnten wir nicht einmal erahnen.
Uns wurde erklärt, das unsere Kellnerin eine Sehbehinderte junge
Frau namens Franziska sei, sie wird uns den ganzen Abend betreuen.
Handy, Feuerzeug, Uhren mit Beleuchtung und alles was sonst noch
Licht erzeugen könne, dürfe man im Essenssaal nicht verwenden. Das
höchste Gebot absolute Dunkelheit.
Nachdem wir unser Menü gewählt haben – wir entschieden und
Beide für das Überraschungsmenü – wurden wir gebeten unserer
Bedienung zu folgen. Ich war unglaublich aufgeregt, weil ich noch
immer nicht wusste was uns erwartet. Die Vorstellung nichts zu sehen,
war mir bis zu dem Moment nicht klar. Wie oft stehen wir im scheinbar
„dunklen“ und denken wir sehen nichts, dabei gibt es immer eine
kleine Lichtquelle, die uns doch minimal Dinge erahnen lässt.
Die liebe Franziska forderte mich auf, meine Hand auf ihre
Schulter zu legen, das Gleiche tat mein Freund bei mir. Verbunden mit
ihr, führte sie uns in die tiefste Dunkelheit, ein Weg ins
ungewisse! Bedenkenlos führte sie uns durch den schwarzen Raum,
führen war noch nie so passend wie an diesem Abend. Der Weg war für
sie so selbstverständlich,dass sie für uns ängstliche Neulinge
fast zu schnell lief. An unserem Tisch angekommen, hörten viel
Männer und Frauen, lachen, sprechen und schmatzen, aber gesehen
haben wir nichts.
Da saßen wir nun, im dunklen und warteten auf unseren 1. Gang.
Wir saßen uns Gegenüber, unsere Hände stets beieinander. Ich
schaute mich um, aber ich konnte nichts sehen, nicht einmal
irgendetwas erahnen, alles schwarz. Bis zum 1. Gang habe ich mich
fast nicht bewegt. Ich hatte Angst in der Dunkelheit meinen Tisch zu
verlieren, mich nicht mehr zurecht zu finden, ein unbeschreibliches
Gefühl.
Nach wirklich kurzer Zeit kam unser 1.Gang. Nun waren meine Augen
nicht gefragt, ich habe zwar versucht meinen Teller anzuschauen,
dieser Versuch blieb hoffnungslos. Ich ertastete mein Besteck und
ließ mich von meinem Geschmackssinn leiten. Nachdem ersten
zögerlichen Bissen war ich sofort begeistert, die verschiedenen
Dinge auf meinem Teller haben wunderbar harmoniert, es war eine
gigantische Vorspeise. Alles was sich auf unseren Tellern befand,
konnten wir zügig geschmacklich zuordnen.
Der 2.Gang war eine kleine Herausforderung, aber auch hier konnten
wir sehr gut erraten, was da vor uns steht! Es war sehr amüsant,
man dachte die Gabel wäre mit Köstlichkeiten bestückt, führte sie
zum Mund, dieser blieb leider leer, denn auf der Gabel war zum
wiederholten mal nichts drauf!
Nachdem 2. Gang fing ich an meine Umgebung zu ertasten,
selbstverständlich immer eine Hand bei meinem Freund oder an unserem
Tisch. Wir fingen an über den Raum zu philosophieren. Welche Farbe
die Wände, Stühle, Tische hatten. Aus welchem Material der Boden
und die einzelnen Möbel waren. Der Gedanke,dass hier eine Frau
entlang spazierte und die einzelnen Tische im dunklen bediente war
für uns unfassbar.
Den 3. Gang konnte ich riechen und leider war es nicht das was ich
mir gewünscht hätte. Mein Freund hat genau dieses Menü in der
Lounge noch vorhergesagt, aber gedacht hätte ich es nicht. Nachdem
die ersten beiden Gänge so wundervoll waren, war ich beim Hauptgang
einfach nur enttäuscht. Bei diesem Gang war die einzige
Herausforderung, dass Fleisch von meinem Teller, auf den Teller
meines Freundes zu befördern. Das Essen selbst war gut, aber leider
nicht das, was ich erwartet hätte. Ich fühlte mich unterfordert.
Und langsam wurde mir klar, dass ich mir das Ganze etwas anders
vorgestellt hatte. Meine letzte Hoffnung...
...das Dessert. Leider war hier die einzige Herausforderung, dass
öffnen des Glases, ansonsten war auch diese Speise eine
Enttäuschung.
Ich weiß nicht was ich erwartet hatte, aber irgendwie war meine
Vorstellung von diesem Abend anders. Ich dachte das uns verschiedene
Lebensmittel erwarten, dessen Geschmack uns in die irre führen wird!
Dinge die sich vielleicht unangenehm an fühlen, sich aber am Ende
herausstellt, dass es nichts besonderes war, sondern ganz alltägliche
Zutaten. Das Essen war sehr gut, aber für diesen Abend nicht
passend.
Das Gefühl in der Dunkelheit zu sitzen und Dinge zu essen, die
ich nicht identifizieren kann blieben leider aus.
Franziska führte uns auf die selbe Art nach draußen,wie sie uns
hinein geführt hatte. Der Weg nach draußen, kam mir viel leichter
vor, als der Weg hinein.
Ins Licht zurückgekehrt mussten sich unsere Augen erst einmal an
das für uns Gewohnte gewöhnen. Nun sollten wir unserem Kellner
mitteilen, was wir bei den einzelnen Gängen gegessen haben.Er
stellte uns doch tatsächlich folgende Frage: „Seid ihr Köche?“
Ein großes Kompliment für uns! Wir sind vielleicht
Lebensmittelbewusst oder gehören einfach nicht zu der
Fertigtütenfraktion ;) Aber gelernte Köche sind wir nicht.
Der Kellner recht beeindruckt von uns Beiden brachte uns die
Rechnung.Das Preis - Leistungsverhältnis hat für mich überhaupt
nicht gepasst. Es waren sehr kleine Portionen, zudem keine teuren
Lebensmittel,außer das verarbeitete Fleisch. Die ersten Beiden Gänge
waren perfekt für diesen Abend, alles andere leider enttäuschend.
Es fing sehr vielersprechend an, aber es wurde von Gang zu Gang
immer schlechter. 90 € (für jeden ein Getränk dabei) für den
gesamten Abend, ist für mich nicht gerechtfertigt.
Mein Fazit: Es war ein
unvergesslicher Abend. Die Tatsache, dass wir in absoluter Dunkelheit
saßen ist eine unglaubliche Erfahrung gewesen, aber für soviel Geld
möchte ich beim nächsten Mal wieder meinen Freund, den Teller und
alles drumherum sehen und genießen.